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Und wer motiviert hier eigentlich wen?

Wie wäre es, einfach gut drauf zu sein – „einfach so“.

Regelmäßige Motivation und die damit verbundenen „Erfolge“ sind ein Schlüssel zum persönlichen Wohlbefinden. Mitunter ist es wichtig, sich jeden Tag aufs Neue anzuspornen, um in einem sich ständig verändernden und anspruchsvollen Lebens- und Arbeitsumfeld zufrieden zu sein. Den Grad des Ansporns kann jeder für sich bestimmen und jeder kann (eigentlich) selbst entscheiden, ob die Impulse innewohnend sind oder in unserem privaten Umfeld, in der Gesellschaft oder während der Arbeit. Aber wer motiviert hier eigentlich wen – oder ist es doch eher Manipulation?

Handys und Smartwatches visualisieren die quantitativen Daten bezüglich der physischen Aktivität und bieten umfassendes Feedback und digitale Belohnung in Bezug auf den Lebensstil. Fitnesstracker dienen als effektive Motivationshilfen zur Steigerung der körperlichen Aktivität. Wenn man drüber nachdenkt, könnte es seltsam vorkommen: man gibt einem kleinen Device am Arm das „Recht“, die Stimmung zu beeinflussen, da man am Ende eines Tages sieht, dass man sich zu wenig bewegt hat, zu viel aß und die Waage verrücktspielt oder dass das Netzwerk viel aktiver war (Anm.: Vergleichen jedweder Art und die „Messung“ wichtig nehmen ist der sicherste Weg, unglücklich zu werden). Und wie verhält es sich mit Social Media? Hier ist es ähnlich. Die Thematik, wie die Begehrlichkeit nach Social-Media-Likes das Gehirn beeinflusst, beschäftigte Dar Meshi, Forscher an der Freien Universität Berlin. Meshi fokussiert seine Untersuchungen auf die neurologischen Prozesse und stellt die grundlegende Frage: Warum empfinden wir Freude, wenn unser Facebook-Beitrag mit einem "Gefällt mir"-Zeichen versehen wird oder die Instagram-Views hochschnellen? Die schlichte Antwort liegt darin, dass das Belohnungszentrum in unserem Gehirn, genauer gesagt der Nucleus Accumbens, aktiviert wird. Diese Hirnregion wird auch aktiv, wenn Menschen etwas Süßes schmecken – ein evolutionärer Hinweis auf besonders nahrhafte Nahrungsmittel im Kontext der Urmenschen. Die Ausschüttung von Dopamin im Belohnungszentrum diente damals wie heute als Antrieb. Hinzu kommt, der Drang nach Anerkennung. „Unser Gehirn ist darauf programmiert, hohes Ansehen und Gruppenzugehörigkeit mit gutem Gefühl zu belohnen“ so Meshi (Vgl.: Kupferschmidt: Wie die Gier nach Likes das Gehirn antreibt, sueddeutsche.de 2015).

Und wie ist es im Arbeits-Alltag? Früher gab es Fleißkärtchen; Schulnoten, das Lob der Eltern und Auszeichnungen trieben uns an. Heute sind es Bonuszahlungen, die Anerkennung vom Chef oder die Stufe auf der Karriereleiter (Vgl. Jastroch: Maslow und Herzberg in Zeiten von New-Work, 2023). Wichtig ist zu verstehen, dass etwas im außen einen Einfluss auf die Zufriedenheit hat. Wir werden also manipuliert und motiviert, um bestimmte Aufgaben umzusetzen; wir werden „motipuliert“. „Motipu-was“? Rolf Balling hat den Begriff "Motipulation" für den Arbeitsalltag geprägt – ein Kofferwort aus Motivation und Manipulation. Wolfgang Kollenz schreibt dazu in seinem Buch „Die Kunst der Demotivation“: „Eine Motipulation war dann erfolgreich, wenn der Mitarbeiter ursprünglich ein anderes Verhalten ausüben wollte, er sich aber nach der Motipulation so benimmt, wie es der Erwartungshaltung des Chefs entspricht. Ganz wichtig dabei sei, so Kollenz, dass der Motipulierte davon nichts merkt“. (Vgl.: Kollenz: Die Kunst der Demotivation, Führungsfehlern auf die Schliche kommen, Gabler 2013). Zu dem Berufsalltag kommt dann die Erwartungshaltung des Umfelds. Und die Uhr am Arm sorgt dafür, dass ich ein schlechtes Gewissen habe und dann doch noch nach dem Abendessen eine Runde spazieren gehe; ich bin also fremd (extrinsisch) beeinflusst worden.

Ex- und intrinsische Anreize verfolgen das gleiche Ziel – durch etwas Erreichtes in den Genuss von Glückshormone zu kommen. Mitunter kann man sogar süchtig nach der täglichen Serotonindusche werden. Der Hauptunterschied liegt in der Quelle der Motivation; extrinsische basiert auf äußeren Reize und Belohnungen, während intrinsische Motivation auf inneren Anreizen wie Interesse, Freude und persönlicher Befriedigung beruht. Intrinsische Motivation spielt aus verschiedenen Gründen eine entscheidende Rolle in der Arbeitswelt. Mitarbeiter sind mit ihrer Arbeit zufriedener, dies steigert die Produktivität und Kreativität. Und Mitarbeiter, die intrinsisch motiviert sind, neigen dazu, länger im Unternehmen zu bleiben. Wenn das persönliche Glück vom Arbeitsalltag abgekoppelt wird, haben diese eine stärkere Verbindung zu ihrer Arbeit und den Zielen des Unternehmens. Intrinsische Motivation spielt gleichermaßen in unserem privaten Leben eine wichtige Rolle. Aus sich-heraus „zufrieden“ zu sein ändert die Vorgehensweise, wie man sein privates Leben auf sinnvolle Weise gestaltet und interpretiert. Es ermöglicht es, die persönlichen Ziele (die nicht von und vom „Fremden/m“ abhängig sind) viel entspannter zu erreichen. Es resultiert in einer Steigerung der Lebensqualität und einem tieferen Verständnis für sich selbst.

Es ist wichtig, die gleiche Leidenschaft und Motivation, die man für seine beruflichen Tätigkeit entwickelt, auch im privaten Leben zu kultivieren, aber ohne nach außen zu schielen – gierig auf Belohnung zu sein – „einfach so“ zufrieden zu sein – 24 Stunden und nicht nur zwei, sondern sieben Tage die Woche.

[MJA]

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